Verteilnetze im Wandel – neue Aufgaben für die Messtechnik
Die dezentrale Energieerzeugung ist einer der Hauptgründe, die Messtechnik im Verteilnetz zu digitalisieren. Die Erneuerbaren sind aber nicht die einzige Herausforderung, die die Betreiber zu bewältigen haben. Der Artikel beschreibt die neu hinzugekommenen Aufgaben in zwei Großstädten und wie sie die Betreiber gelöst haben. +++ Sponsored Post von Janitza electronics GmbH +++
Standardlastprofile, Schleppzeigerinstrumente und viel Erfahrung waren lange Zeit die wichtigsten Werkzeuge für die Planung eines Verteilnetzes. Sie reichen aber nicht mehr aus. Ohne digitale und vernetzte Messtechnik sind die Verteilnetze kaum noch zu planen und zu betreiben. Die Janitza electronics GmbH beschäftigt sich schon lange mit diesem Thema und ist dabei auf weit mehr Herausforderungen gestoßen als „nur“ die dezentrale Energieversorgung. Welche Aufgaben auf die Netzbetreiber zukommen und welche Lösungen Janitza entwickelt hat, zeigt ein Blick auf Erlangen und Düsseldorf.
Von Big Data zum Minimalismus
In Erlangen entwickelten die Stadtwerke ESTW vor einigen Jahren zusammen mit der dortigen Universität eine Methode, die mit einem Minimum an Messdaten ein möglichst genaues Bild des städtischen Netzes liefert. Der Ansatz war, einen Stadtteil über einen längeren Zeitraum messtechnisch hochauflösend zu erfassen. In einem zweiten Schritt nutzte man die Daten als Referenz für Verfahren, die mit wenigen, geschickt gewählten Messpunkten und entsprechenden Algorithmen den Zustand eines Netzes hinreichend genau simulieren.
Für das Pilotprojekt wurde der Erlanger Stadtteil „am Anger“ gewählt. Die Mehrfamilienhäuser dort gehören einer Wohnungsbaugesellschaft; dadurch kennt man die Wohnungsgrößen. Eine Studentin hat ermittelt, ob mehrere Leute oder Familien in einer Wohnung leben. Zudem gibt es überdurchschnittlich viele PV-Anlagen und einige besondere Verbraucher: eine Tankstelle, ein Studentenwohnheim und die Straßenbeleuchtung. Durch die PV-Anlagen ist der Peak im Sommer mit 820 kW fast genau so groß wie die Lastspitze von 834 kW im Winter. An sonnigen Tagen treten Rückspeisungen bis in die übergeordnete Netzebene auf. Dies unterstreicht die Bedeutung der ganzjährigen Messung; die klassische Netzplanung auf Basis der Winterstarklast ist für Netze heutzutage nicht mehr ausreichend.
Um das Gebiet genau zu erfassen, verbaute die ESTW nicht nur in den Trafostationen geeignete Messtechnik, wie den UMG 511 Netzanalysator als Master und UMG 103 als Slave-Geräte. Auch sämtliche Kabelverteilerschränke wurden mit einem zusätzlichen Messschrank ausgerüstet. Mit dieser Technik erfassen die Stadtwerke fast lückenlos die Lastflüsse von zwei Jahren im Minutentakt. So entstanden Datensätze, die weit spezifischer sind als die Standardlastprofile des BDEW. Im Minutentakt sind selbst kurze Schwankungen in der PV-Einspeisung, etwa bei bewölktem Himmel aufzulösen. Als Bewertung für die Qualität der Simulationen wurde ein Vergleich der simulierten Strom- und Spannungsverläufe mit den real gemessenen Werten vorgenommen. Dank der Aufteilung in Verbrauchergruppen mit definierten Lastprofilen und der Berücksichtigung der besonderen Kunden ließ sich eine Methodik finden, mit der die relevanten Messstellen identifiziert werden konnten.
Trafostationen in der City – Herausforderungen für den Service
Auch in einer Großstadt wie Düsseldorf, in der Photovoltaik & Co. eine weit geringere Rolle spielen, benötigen die Netzbetreiber immer mehr Informationen: Entstörungsprozesse, Zustandsschätzungen und die Netzplanung sind hier die Technologietreiber. Ein großes Hindernis bei der Entstörung sind der Verkehr und die Zugänglichkeit der Stationen. Von den rund 2.500 Netzstationen in Düsseldorf sind 1.500 so genannte Kellerstationen im Untergeschoss von Wohngebäuden. Fällt ein Strang aus, betrifft dies ein halbes Dutzend oder mehr Stationen. Sind diese noch mit Kurzschlussanzeigern ohne Fernübertragung ausgerüstet, muss der Schaltmeister eine Station nach der anderen abfahren, bis er die angesprochenen Anzeiger findet – eine zeitraubende Prozedur, die zudem ihre Tücken hat: Tauscht der Eigentümer die Schlüsselanlage und vergisst, die Netzgesellschaft Düsseldorf mbH zu informieren, hat der Schaltmeister zuerst einmal keinen Zutritt. Der Ausfall kann auch mitten in der Nacht sein. Und ohne Versorgung funktioniert auch die Klingel nicht. Eine digitale und vernetzte Messtechnik würde den Entstörungsprozess erheblich beschleunigen.
Im Jahr 2015 starteten die Düsseldorfer ein größeres Erneuerungsprogramm: 250 Stationen sollten mit neuer Messtechnik ausgestattet werden. Für die Hardware fiel die Wahl auf Janitza Messgeräte des Typs UMG 96RM-E. Neben der Messtechnik waren für diesen Einsatz besonders die Schnittstellen interessant: auf der einen Seite Modbus für den Anschluss an das Kommunikationsmodem, auf der anderen Seite ein direkter Eingang für analoge Kurzschlussanzeiger. Zur Infrastruktur gehört auch ein Kommunikationsschrank für ein Modem, die 24V-Spannungsversorgung und eine Pufferbatterie, die einen Netzausfall von einer Stunde überbrücken kann. Inzwischen sind rund 350 Messgeräte von Janitza installiert.
Die neue Messtechnik bringt auch Vorteile in der Netzplanung, die sich durch die Interpretation von Einzelstromwerten verbessern lässt. Wenn eine Station bei einer Wartungsschaltung die Leistung einer anderen mit übernimmt, hat sie rasch anstatt der normalen 200 kVA plötzlich 600 kVA. Bei digitalen Geräten mit Speichern lässt sich anhand der Historie einer Station erkennen, ob ein Peak mit so einer Wartungsschaltung zusammentrifft oder zyklisch auftritt, etwa durch ein Volksfest.
Janitza bleibt am Ball
Die Beispiele zeigen, wie vielfältig die Anforderungen sind, die an Janitza herangetragen werden. Und der Messtechnikspezialist reagiert nicht nur, sondern treibt die Technologie voran. Die Software GridVis® wird ständig erweitert, um die gewonnen Daten auszuwerten, zu verteilen und zu dokumentieren. Zum Thema EEG-Umlage beraten Techniker und spezialisierte Juristen die Anwender in Seminaren, Präsenzveranstaltungen und Webinaren. Und last but not least wird das Produktspektrum in Richtung Blindleistungskompensation ausgebaut. Damit steht den Anwendern ein Komplettpaket aus Hardware, Software und Service zur Verfügung.